Mit ihrem poetischen Text „Ertrunkene Traurigkeit“ beschreibt sie in eindrucksvollen Bildern, wie heilsam und befreiend die Natur sein kann. Der Blick aufs Meer, das Spiel des Windes, das Licht der untergehenden Sonne – Rosas Sprache lässt beim Lesen Bilder entstehen und berührt durch ihre ruhige, nachdenkliche Tiefe.

Ertrunkene Traurigkeit
von Rosa Betker
Die Wellen ergeben eine liebliche Melodie, die man mit Worten nicht genauer hätte beschreiben können. Ein Krebs krabbelt zu meiner Rechten. Ich schenke ihm keine weitere Beachtung. Meine ganze Aufmerksamkeit gilt dem Meer, dem Sand und dem sanften Wind, der durch meine Haare streicht.
Die Natur kann einen aus der Wirklichkeit holen, wenn man es nur zulässt. Wie ein Portal in eine bessere und schönere Welt. Eine Welt ohne Gewalt und Schmutz.
Die Sonne geht schon fast unter. Ich stehe auf und gehe auf das plätschernde Wasser zu. Es ist klar wie frisch produziertes Glas. Ich setze einen meiner Füße rein. Es ist lauwarm, da es durch die weiter untergehende Sonne gewärmt wurde. Schritt für Schritt gehe ich weiter ins Wasser. Nasser Sand massiert meine Füße. Ich tauche unter und sehe allerlei Fische. So bunt wie ein Regenbogen. Die Traurigkeit, die ich in den letzten Tagen gefühlt habe, ist vollständig untergetaucht und ertrunken. Ich fühle mich frei.
Ich tauche wieder auf und schnappe nach Luft. Ich schwimme langsam wieder zurück ans Ufer. Die Sonne ist nun vollständig untergegangen. Erschöpft, aber glücklich, gehe ich zurück ins Strandhaus. Wenn jeder Mutter Natur nur so schätzen würde, wie sie es verdient. Von meinen Haaren tropfen kleine Wassertropfen. Ich trockne meine Haare und lege mich auf mein Bett.
Gedankenlos starre ich an die Decke, denn ich musste nicht nachdenken, um zu wissen, dass dieser Ausflug die absolut richtige Entscheidung war, und ich bin dankbar für jeden weiteren Tag, an dem ich dieses Jetzt in Erinnerung behalten darf.